In den aktuellen Krisen und Umbrüchen tritt die Macht der Medien und der öffentlichen Kommunikation deutlich zutage. Kurt Imhof zeigt, dass Umbruchperioden, wie etwa die jüngste Weltwirtschaftskrise, wiederkehrende Phänomene darstellen und theoriefähig sind. Aus der gesellschaftstheoretischen Auseinandersetzung mit »Öffentlichkeit« und »Privatheit« von den Klassikern bis in die Gegenwart entwickelt Kurt Imhof eine Theorie des neuen Strukturwandels der Öffentlichkeit und begründet die Kommunikation als wichtigsten Faktor des sozialen Wandels.
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Der Verfasser zeigt auf konflikttheoretischer Basis, dass sich Routine- und Fundamentalkonflikte als Endpunkte eines Kontinuums beschreiben lassen. Dieses Kontinuum reicht von gewaltlosen, regulierten Mehr-oder-Weniger-Konflikten versus gewalthaltigen, unregulierten Entweder-oder-Konflikten auf der Regulierungsdimension über Interessenkonflikte versus Anerkennungskonflikte auf der Anerkennungsdimension bis zu routinisierter versus aktivierter politischer Öffentlichkeit auf der Öffentlichkeitsdimension. Außerdem werden den Konflikten an den Endpunkten dieses Kontinuums unterschiedliche Frames (Interpretationsdimension) und Rationalitätsbezüge (Rationalitätsdimension) zugewiesen. (ICE2)
In: Von der Politisierung der Medien zur Medialisierung des Politischen?: zum Verhältnis von Medien, Öffentlichkeiten und Politik im 20. Jahrhundert, S. 363-386
Der Verfasser erarbeitet einen konflikttheoretischen Zugang, um Konfliktdynamiken in der öffentlichen politischen Kommunikation zu analysieren. Der heuristische Gehalt dieses Zugangs wird anhand der intensivsten Konfliktperioden zwischen 1910 und 1998 auf die Schweiz angewendet (1918-1921, 1933-1936, 1968-1975, 1989-1993), um Einsichten in die kontingenzerweiterten Umbruchperioden zu gewinnen. Schließlich interessiert der Wandel von Konfliktdynamiken unter dem Einfluss des neuen Strukturwandels der Öffentlichkeit insbesondere seit den 1980er Jahren. Die Ökonomisierung der Medien verändert mit der öffentlichen Kommunikation gleichzeitig den politischen Konflikt und damit die Selbstregulation demokratischer Gesellschaften. (ICE2)
Der Verfasser stellt ein Prozessmodell öffentlicher Kommunikation vor, das zwischen einer Öffentlichkeit im Ruhezustand und einer aktivierten Öffentlichkeit der Kommunikationsverdichtung unterscheidet. Auf dieser Basis beschreibt er in einem ersten Schritt die normativen Bedingungen demokratischer Selbstbestimmung als Funktionen der Öffentlichkeit (deliberative Funktion, politisch-rechtliche Funktion, Integrationsfunktion). In einem zweiten Schritt wird ein heuristisch ertragreiches Modell der real existierenden öffentlichen Kommunikation mit ihren Arenen, Kommunikationsflüssen und Akteuren erstellt. In einem dritten Schritt werden die jüngsten Veränderungsdynamiken medienvermittelter Kommunikation in Gestalt von Medialisierungseffekten auf den Dimensionen funktionaler, stratifikatorischer und segmentärer Differenzierung beschrieben, die die Selektions- und Interpretationslogiken öffentlicher Kommunikation beeinflussen. (ICE2)
In einer historisch-soziologischen Analyse geht der Verfasser der Frage nach, welche Kernsemantiken die schweizerischen Sonderfallsdiskurse kennzeichnen und welche Pfadabhängigkeiten zwischen ihnen bestehen. Sonderfallsverständnisse konstituieren einen "Gemeinsamkeitsglauben", über den über Zugehörigkeiten entschieden wird. Der Verfasser stellt fest, dass sowohl die national-patriotische wie die nationalkritische, revisionistische Mainstreamhistoriographie das vernachlässigt haben. Es wird gezeigt, dass zu den Kernelementen des "Sonderfalls Schweiz" die Konkordanz gehört, ein Kernelement des schweizerischen Verfassungspatriotismus sowie die Herkunftsmythologie, sowie die Imagination des bäuerlichen Ursprungs der Eidgenossenschaft und die mit dieser verbundene Bedrohungs- und Widerstandssemantik: der Bedrohung von oben und von außen wird mit einem gemeinsamen Kampf föderierter Gemeinwesen begegnet. Der Autor unterscheidet fünf Gesellschaftsmodelle, die seit der Gründung des Bundesstaates 1848 konsekutiv implementiert wurden, und zeichnet die entsprechenden Sonderfallsverständnisse und ihre Pfadabhängigkeit nach: Wer politisch Erfolg haben will, muss sich an den Kernsemantiken des schweizerischen Sonderfalls orientieren. In der Schweiz ist eine neue Sonderfall-Debatte angesagt, um ein neues Gesellschaftsmodell zu entwickeln. Die Voraussetzungen eines solchen Diskurses werden herausgearbeitet. Abschließend wird die These formuliert, dass dem neuen Sonderfall-Diskurs nur dann Erfolg beschieden sein wird, wenn sich auch die politische Mitte und die Linke daran beteiligen. (ICG2)
Dieser Beitrag interessiert sich für nicht-intendierte Folgen des neoliberalen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells, die die Potenz haben, den Zusammenhang von Erfahrungsraum und Erwartungshorizont soweit zu erodieren, dass sich an den damit verbundenen Konflikten die Probleme abzeichnen, die im Hinblick auf ein neues Gesellschaftsmodell gelöst werden müssen. Den Anfang macht ein kurzer Blick auf Entstehung und Verlauf des sozialmarktwirtschaftlichen Gesellschafts- und Wirtschaftsmodells und den Aufstieg des neoliberalen Modells. Auf dieser Basis interessiert dann das jüngste Reflexionsniveau der Sozialtheorie hinsichtlich der wichtigsten sozialstrukturellen Differenzierungsdynamiken in der "Spätmoderne". Dann werden zwei nicht-intendierte Effekte des neoliberalen Modells beschrieben, bei denen sich abzeichnet, dass sie wesentliche Konfliktdynamiken in der öffentlichen politischen Kommunikation in den Zentrumsgesellschaften bestimmen werden. Es handelt sich um das Problem der demokratischen Selbststeuerung der modernen Gesellschaft sowie um das Problem einer dysfunktionalen Re-Regulation ökonomischen Handelns. Diese Entwicklungsdynamiken bedürfen soziologischen Reflexionswissens und das heißt insbesondere, dass die Engführung dieses Reflexionswissens auf die Ökonomik, der Leitwissenschaft des neoliberalen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells, abgelöst werden muss. (ICB2)
Der Beitrag illustriert eine Forschungslinie, die den sozialen Wandel moderner Gesellschaften durch die Analyse öffentlicher Kommunikation erschließt. Untersucht wird, wie sich gesellschaftliche Wandlungsprozesse in der Berichterstattung der Medien niederschlagen. In der Konzeption eines Langzeitprojektes an der Universität Zürich werden wichtige Fragen der Verbindung von Theorie und Empirie angeschnitten. Im Mittelpunkt des Forschungsdesigns steht die systematische Eruierung der wichtigen Kommunikationsereignisse (thematisch zentrierte Medienereignisse) in den Leitmedien einer Medienarena und ihr synchroner und diachroner Vergleich. Untersucht werden durch Schweizer Medien vermittelte Kommunikationsereignisse sowie als "Vergleichsfolie" - thematisch zentrierte Parlamentsdebatten aus fast einem ganzen Jahrhundert, beginnend 1910 bis 2003. Anhand dieser Daten, deren Ertrag als "Phänomenologie der öffentlichen Kommunikation" verstanden werden kann, soll ein klares Verständnis des Strukturwandels der Öffentlichkeit gewonnen werden können. Im hier vorliegenden Beitrag werden die dem Forschungsprojekt zugrunde liegende Leitgedanken skizziert. (RG)